Rheuma Erkrankungen nach Alphabet

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

Autoimmun-Thrombophilie

Das APS ist charakterisiert durch das Auftreten von arteriellen und/oder venösen Gefäßverschlüssen und verschiedener Schwangerschaftsmorbiditätn, inklusive dem Auftreten von Spontanaborten bei persistierendem Nachweis von Anticardiolipin-Antikörpern oder einem positiven Lupus-Antikoagulans.
Antiphospholipid-Antikörper (früher: falsch-positive Wassermannreaktion) finden sich bei ca. 7% der Normalbevölkerung; bei Patienten mit SLE können in 30% ein Lupus-Antikoagulans und in 44% Anticardiolipin-Antikörper gefunden werden. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Die im Zusammenhang mit einem APS gefundenen Auto-Antikörper sind heterogen. Ihr Ziel sind negativ geladene Phospholipide wie Phosphatidylserin, Cardiolipin, Prothrombin, Protein C und S sowie β2-Glykoprotein I. Zum thrombogenen Potential dieser Auto-Antikörper existieren mehrere Theorien:
- Inhibition der Prostacyclin-Freisetzung und damit Förderung der Thrombozyten-Aggregation
- Inhibition von Thrombomodulin und Verhinderung der Aktivierung von Protein C und S oder Antithrombin III
- Kreuzreaktion mit Thrombozytenmembran-ständigen Phospholipiden und Verstärkung der Thrombozyten-Adhäsion
- Hemmung von Tissue-Plasminogen-Aktivator und erhöhte Produktion von prokoagulatorischen Substanzen durch Monozyten
- Interferenz mit dem Gerinnungsinhibitor β2-Glykoprotein I mit Auftreten von Hyperkoagulabilität und Thrombozyten-Aggregation
Histologisch findet sich eine thrombotisch-okklusive Vaskulopathie mit konzentrischer, zellulärer oder fibröser Intimahyperplasie. Eine inflammatorische Komponente fehlt zumeist. Betroffen sind Gefäße jeder Größe und Lokalisation.
Alle Symptome eines APS sind direkt oder indirekt mit dem Auftreten thrombembolischer Ereignisse assoziiert. Auffallend ist, dass Patienten mit einem primär venösen Ereignis zu venösen Rezidiven neigen, während es bei Patienten mit einem primär arteriellen Ereignis zu Rezidiven in der arteriellen Gefäßstrombahn kommt. Des Weiteren besteht keine Assoziation zwischen der Höhe der Antikörper und dem Auftreten von thrombembolischen Ereignissen.
Bei Vorliegen von Antiphospholipid-Antikörpern während einer Schwangerschaft findet man einerseits eine signifikant erhöhte Rate an Spontanaborten, andererseits auch eine fetale Entwicklungsverzögerung und eine erhöhte Frühgeburten-Rate. Typisch ist der intrauterine Fruchttod im 2. bis 3.Trimenon. Ursächlich werden Thrombosen von plazentaren Gefäßen mit konsekutiver Ischämie angenommen. Auch bei Schwangerschaftskomplikationen wie (Prä)Eklampsie, HUS, TTP mit postpartalem Nierenversagen und HELLP-Syndrom lassen sich signifikant häufiger Antiphospholipid-Antikörper nachweisen.
Eine gefürchtete Komplikation ist das "katastrophale APS". Es handelt sich hierbei um ein lebensbedrohliches Zustandsbild mit thrombembolischer Involvierung von 3 oder mehr Organ- bzw. Gefäßsystemen - mitunter bis zum Multiorganversagen.
Die meisten arteriellen Gefäßereignisse ereignen sich im zentralen Nervensystem. Es finden sich ischämische Insulte, Multiinfarktdemenz, Sneddon-Syndrom, lupoide Sklerose, Cephalea, Krampfanfälle, Myelitis transversa.
Im Bereich der Nieren kann es durch die thrombotische Vaskulopathie zur Entwicklung einer renovaskulären Hypertonie kommen. Außerdem kann sich eine progrediente Niereninsuffizienz entwickeln.
Dermatologischerseits besteht oft eine Livedo reticularis.
Bei 30-50% der Patienten findet sich eine meist milde Thrombopenie (70.000-120.000/µl); lediglich in 5-10% der Fälle liegen die Thrombozyten-Zahlen unter 50.000/µl. Auch eine Coombs-positive hämolytische Anämie und thrombotisch-thrombozytopenische Purpura wurden im Zusammenhang mit einem APS beschrieben.
Signifikant häufiger finden sich Erniedrigungen von Protein S.
Für das Stellen der Diagnose wird neben einem thromboembolischen Ereignis das Vorliegen von Antiphospholipd-Antikörpern, eines positiven Lupusantikoagulans (verlängerte aPTT) oder von IgM-Anticardiolipin- bzw. β2-Glykoprotein-Antikörpern gefordert. Dabei muss das Labor-Ergebnis nach 3 Monaten bestätigt werden.
Je nach Vorliegen eines suspizierten thrombembolischen Ereignisses muss eine entsprechende Bildgebung des betroffenen Organ- und/oder Gefäßsystems erfolgen.
Wichtig ist das Ausschließen anderer hyperkoagulatorischer Zustandsbilder - wie Protein C- und Protein S-Mangel, APC-Resistenz, Faktor II-Mangel, AT-III-Mangel, nephrotisches Syndrom, Hyperhomocysteinämie, Malignome, myeloproliferative Erkrankungen, Hormontherapie, Nikotinabusus.
Die therapeutischen Strategien setzen entweder an einer Hemmung der Blutgerinnung oder an einer Hemmung der Immunaktivität und einer Elimination der Auto-Antikörper an. Prospektive Studien fehlen, so dass die therapeutischen Regime zumeist auf Beobachtungen und Fallberichten beruhen.
Zur Anwendung kommen Acetylsalicylsäure, vor allem bei Vorliegen eines arteriellen Ereignisses. Eine Studie konnte auch einen positiven Nutzen während Schwangerschaften zeigen, wobei es signifikant häufiger als ohne Therapie zu einer erfolgreichen Beendigung der Schwangerschaften gekommen war.
Jeder Patient mit einem thromboembolischen Ereignis und den hämostaseologisch-serologischen Charakteristika eines APS muss nach der Thrombektomie antikoaguliert werden. Die Dauer der oralen AK wird großzügig bemessen und kann aber nicht generell festgelegt werden.
Zur Prophylaxe von Spontanaborten kommt Heparin zum Einsatz, wobei meist eine niedrig-dosierte Therapie durchgeführt wird. Wichtig ist hierbei das regelmäßige Kontrollieren des Blutbildes, weil im Zusammenhang mit APS eine Heparin-induzierte Thrombozytopenie Typ II gehäuft beschrieben wurde.

Man unterscheidet ein primäres, isoliertes APS von einem sekundärem APS, das im Gefolge eines SLE auftritt.