Rheuma Erkrankungen nach Alphabet

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lumbale Wirbelsäulensyndrome

Die Lendenwirbelsäule ist der sowohl radiologisch, als auch klinisch am häufigsten betroffene Manifestationsort der Wirbelsäulensyndrome.
Je nach vorliegenden Beschwerden unterscheidet man Lumbago (= Schmerzen in der LWS-Region ohne Ausstrahlung und ohne neurologische Symptome), Lumboischialgie (= Schmerzausstrahlung im Rahmen eines Diskus-Prolaps oder -Protrusion der Wurzel L5) und Pseudoischialgie (= pseudoradikuläre Symptomatik ausgehend von der LWS).
Für die richtige Diagnose ist die Anamnese von entscheidender Bedeutung, wobei insbesondere eine genaue Schmerzlokalisation, mit oder ohne Ausstrahlung, die Dauer der Schmerzen, das Auftreten der Beschwerden - also akut nach einem Trauma oder schleichend -, Verschlechterung oder Besserung durch bestimmte Bewegungen oder Körperhaltungen, sowie die Dauer (weniger oder mehr als 3 Monate entsprechend akut und chronisch) erhoben werden muss.
Differentialdiagnostisch von Bedeutung ist die Abgrenzung zu Erkrankungen der Beckenorgane - insbesondere zur Nephrolithiasis -, zur Coxarthrose und zu peripheren Nervenschädigungen.
Die Lendenwirbelsäule ist der Wirbelsäulen-Abschnitt, der am häufigsten betroffen ist - sowohl klinisch als auch radiologisch.
Im Bereich der LWS ist das Auftreten eines vertebralen Syndroms die häufigste klinische Manifestation. Es finden sich segmental lokalisierte Schmerzen mit Abhängigkeit von Haltung, Bewegung und Belastung. Meist besteht eine segmental umschriebene Steifigkeit oder auch Halte- und Kraftlosigkeit. Das Auftreten einer lokalen Blockierung führt zu akut einschießenden, starken Schmerzen (Hexenschuß). Klinisch finden sich in den betroffenen Segmenten die charakteristischen Druck-, Verschiebe- und Schüttelschmerzen, sowie reaktive Weichteilveränderungen in Form von Tendinosen, Ligamentosen und paravertebralen Tendomyosen und Periostosen. Diese klinischen Veränderungen werden als Irritationszone bezeichnet.
Differentialdiagnostische Schwierigkeiten im Bereich der LWS bereiten die spondylogenen Syndrome, weil die pseudoradikuläre Ausstrahlung mitunter große ƒhnlichkeiten mit den Kompressionssyndromen aufweist.
Die echten Kompressionssyndrome betreffen mit 95% die Wurzeln L5 und S1, während die restlichen 5% nahezu immer in der Wurzel L4 zu finden sind. Es finden sich von der Wirbelsäule nach kaudal ausstrahlende Schmerzen - entsprechend der betroffenen Wurzel. Klinisch finden sich sensorische und/oder motorische Ausfälle der entsprechenden Nervenwurzel. Reflexe der Kennmuskeln sind vermindert oder fehlen. Ein neurologischer "Notfall" ist das Auftreten von Paresen der durch die Nervenwurzel versorgten Muskeln. Eine lokale Schmerzsymptomatik im Wirbelsäulen-Bereich muss nicht bestehen.
Die wohl größte Bedeutung für die richtige Diagnostik, insbesondere die entsprechende Höhenlokalisation der Schmerzen, kommt der klinischen Untersuchung inklusive Funktionsprüfung zu. Es muss auf Fehlhaltung der gesamten Wirbelsäule geachtet werden (Ausweichskoliose?). Ein positiver LasËgue-Test findet sich als Zeichen einer Nervenwurzel-Irritation von L4/5/S1. Eine Verkürzung der ischiocruralen Muskulatur hat einen positiven PseudolasËgue-Test zur Folge. Der umgekehrte LasËgue-Test beurteilt die Wurzel L3/4
Der Schober-Test beurteilt die Beweglichkeit der LWS in der frontalen Ebene.
Abschwächung oder Fehlen des Achillessehnen-Reflexes findet sich bei einer Läsion von S1, während eine Läsion von L3/4 durch eine Abschwächung oder Fehlen des Patellarsehnen-Reflexes gekennzeichnet ist.
Kennmuskeln: M.quadrizeps femoris für L3 und 4; M.tibialis anterior für L4; Mm.peronei und M.adductor hallucis longus für L5; M.triceps surae für S1
Nach Miktions- oder Defäkationsstörungen muss gezielt gefragt werden.
Mittels ENG kann ab 2 bis 3 Wochen nach Beginn der Beschwerden eine Differenzierung von nervalen und muskulären Störungen erfolgen.
Differentialdiagnostisch besonders wichtig ist die Abgrenzung von Ischialgien zu ischialgieformen Beschwerden. Extravertebrale Ursachen von Lumbalgien können Coxarthrosen, Erkrankungen der Iliosakralgelenke, die Periarthropathia coxae, retroperitoneale Tumoren, periphere Durchblutungsstörungen, Neuropathien, insbesondere eine diabetische Polyneuropathie, und Spritzenschädigungen sein.
Auch müssen spezifische Ursachen wie Tumoren, Wirbelkörper-Frakturen, Entzündungen und Listhesen im Bereich der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen werden.
Wie bei allen degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule ist auch die Therapie der Lumbalsyndrome so vielgestaltig wie ihre Ursachen. Wichtig ist, gemeinsam mit dem Patienten ein Behandlungskonzept zu erarbeiten, das in den Alltag so gut wie möglich eingebaut werden kann und sollte.
Zur Anwendung kommen eine medikamentöse Schmerztherapie, physikalische Maßnahmen, Erlernen einer spezifischen Wirbelsäulengymnastik und eine Rückenschulung zur Entlastung der Wirbelsäule, sowie diverse operative Maßnahmen bei Vorliegen von motorischen Defiziten.
Auch lokale Infiltrationstherapien sowie die manuelle Medizin haben hier - bei richtiger Indikation - eine wesentliche Bedeutung.