Rheuma Erkrankungen nach Alphabet

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RA

– Synovitische Weichteilschwellung und Druckschmerzhaftigkeit mit symmetrischem Auftreten in den Fingermittel- oder –grundgelenken, den Handgelenken, Ellbogen, Knie, Sprunggelenken, Zehengrundgelenken
– Morgendliche Gelenksteife, subcutane Rheumaknoten, Nachweis des Rheumafaktors im Serum.
– Ohne immunmodulierende Behandlung in den meisten Fällen destruktiver Verlauf mit Knochenfraß (Erosionen) in den betroffenen Gelenken. Neben Schmerzen Gefahr der Gelenkszerstörung mit funktioneller Beeinträchtigung bis zur Invalidität und erhöhter Mortalität.

Die rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis) führt zu schmerzhaften, geschwollenen Gelenken mit Bewegungseinschränkungen und fortschreitender Gelenkzerstörung. In den ersten 10 Jahren der Erkrankung erleidet etwa die Hälfte aller Patienten schwere Einschränkungen ihrer Funktionsfähigkeit. Zwar scheint der Schweregrad der Erkrankung insgesamt abgenommen zu haben, dennoch besteht weiter eine erhöhte Mortalität. Der Verlust sozialer und finanzieller Selbstständigkeit stellt für die Patienten ein großes Problem dar.

Die rheumatoide Arthritis (RA) hat entsprechend neueren Daten eine Prävalenz von 0,5-1%, wobei Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Angaben über die Inzidenz schwanken zwischen 34/100.000 pro Jahr bis zu 83/100.000 pro Jahr (Angaben für Frauen).
Es gibt Hinweise darauf, dass die Inzidenz der rheumatoiden Arthritis abgenommen hat. Der Gipfel der Neuerkrankungsrate liegt bei Frauen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren, bei Männern im Alter von 65 bis 75 Jahren.


Bis heute ist die Ursache der RA unbekannt. Diskutiert werden infektiöse Agenten, z.B. das humane T-Zell-lymphotrope Virus HTLV I und andere Retroviren, EBV, andere Herpesviren, Rubellaviren und Parvoviren, Mycoplasmen, Mykobakterien und verschiedene enteritische Organismen. Auch Hitzeschockproteine (HSP) wurden in die Pathogenese der Arthritis in Tier- und Menschenuntersuchungen immer wieder untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass Antikörper und T-Zellen mit Reaktivität gegenüber HSP in Patienten mit RA in ‹bermaß vorhanden sind. Auch zeigen bakterielle HSP eine sehr hohe Homologie mit menschlichen HSP.

Meist findet man einen schleichenden Beginn der Symptome über einen Zeitraum von mehreren Wochen. Eher selten kommt es zu einem hoch-akuten polyartikulären Beginn innerhalb von wenigen Tagen. Des Weiteren werden auch mon- sowie oligoartikuläre Verläufe beobachtet.
Eine Sonderform der chronischen Polyarthritis scheint der sogenannte palindrome Rheumatismus zu sein. Dabei kommt es zu rezidivierenden Attacken von über 1-6 Wochen anhaltenden oligo- oder monartikulären Gelenksschwellungen und Schmerzen, ohne radiologischen Nachweis von Erosionen. In 50% gehen diese Attacken später in eine chronische Polyarthritis über.

Die Gelenksveränderungen können einerseits in die klinischen Präsentationen im Sinne einer Schwellung und Druckschmerzhaftigkeit sowie Ruhe- und Nachtschmerzen, und andererseits in die irreversiblen Zerstörungen der Gelenksstruktur unterteilt werden.

Die Gelenksdeformierungen beruhen auf verschiedenen Mechanismen, im Zusammenhang mit der bestehenden Synovitis und der Bildung des Gelenk-Pannus (Granulationsgewebe mit invasivem Wachstum). Die Folge ist eine Zerstörung des Gelenksknorpels. Durch Osteoklastenaktivierung wird der Knochen aufgelöst; es entsteht die Usur. Die Einschränkung der Gelenksbeweglichkeit (Functio laesa) beruht initial vornehmlich auf der akuten Arthritis, im späteren Verlauf zunehmend auf den eingetretenen Zerstörungen der einzelnen Gelenksstrukturen. Durch das Auftreten von Muskelspasmen und eine Verkürzung der Muskeln wird dem Auftreten von Kontrakturen Vorschub geleistet. Durch die Gelenksschwellung findet man auch eine Aufweichung der ligamentären Strukturen und damit eine Destabilisierung des Gelenkes.

Klinisch präsentieren sich die Patienten mit einer zumeist symmetrischen Schwellung im Bereich der kleinen Hand- und Fingergelenke sowie im Bereich der Vorfüße beidseits. Die Patienten klagen über Ruhe- und Nachtschmerzen und eine Besserung durch Bewegung. Des Weiteren wird eine Wärmeintoleranz geschildert, während Kälte zu einer Linderung der Beschwerden führt. Charakteristisch ist auch eine Morgensteifigkeit von über einer Stunde.
Klinisch auffallend sind die genannten Schwellungen der Gelenke mit einer daraus resultierenden Immobilität und dem Einnehmen von Schonhaltungen. Mit Fortschreiten der Erkrankung kommt es zu charakteristischen Veränderungen der Gelenke mit Auftreten einer Ulnardeviation (Abweichen der Finger in den MCP-Gelenken nach ulnar), Schwanenhalsdeformitäten (Überstreckung im PIP und Beugekontraktur im DIP-Gelenk), Knopflochdeformitäten (Beugekontraktur im PIP und ‹berstreckung im DIP-Gelenk), der so genannten 90-90-Deformität des Daumens (Beugekontraktur im MCP 1 und ‹berstreckung im IP 1).
Durch chronisch vorhandene Tendinitiden und Tenosynovitiden der Extensoren- und Flexorensehnen der Hand kann es zum Auftreten von "schnappenden" Fingern kommen. Gelegentlich beobachtet man auch Rupturen einzelner Sehnen.
Da alle Gelenke von der chronischen Polyarthritis befallen sein können, findet man charakteristische klinische und radiologische Kriterien an sämtlichen Gelenken mit dem Auftreten von Erosionen und der Entwicklung sekundärer Arthrosen.
Als "fünfte Extremität" der chronischen Polyarthritis wird die Halswirbelsäule bezeichnet. Diese ist sehr häufig im Rahmen der chronischen Entzündung mitbetroffen. Es kommt dabei zum Auftreten einer Tenosynovitis des Ligamentum transversum von C1, was eine Instabilität zwischen C1 und C2 zur Folge haben kann. Durch Erosionen des Processus deltoideus bzw. durch Ruptur des Ligamentum transversum kann eine Myelopathie im Bereich C1/C2 eintreten. Klinisch klagen die Patienten über Nackensteifigkeit sowie eine zunehmende Einschränkung der Beweglichkeit im Bereich der HWS. Gefürchtet sind akute Luxationen mit Auftreten eines hohen Querschnittes.

Als Systemerkrankung kann die chronische Polyarthritis auch zahlreiche extraartikuläre Symptome verursachen. Bei 25-50% der Patienten findet man sogenannte Rheumaknoten, wobei hier eine sehr starke Assoziation mit Rheumafaktoren besteht. Diese Knoten finden sich vornehmlich über den Streckseiten der Gelenke, am häufigsten im Bereich des Ellbogengelenks. Das Auftreten der Rheumaknoten kann entweder schleichend und weitgehend symptomarm verlaufen, oder aber es findet sich eine akute Entzündungsreaktion.
Des Weiteren sich vaskulitische Hautläsionen häufig im Rahmen der chronischen Polyarthritis anzutreffen. Auch hier kann die Klinik von minimalen Veränderungen bis hin zu einem progressiven, mit Ulzerationen der Haut einhergehenden Krankheitsbild reichen.
Eine sehr häufige Komplikation ist das Auftreten eines sekundären Sjögren-Syndroms. Da die Patienten aufgrund des schleichenden Eintretens der Sicca-Symptomatik oft nur gering leiden, muss eine aktive Suche und Befragung der Patienten erfolgen. Eine Komplikation der lang bestehenden Sicca-Symptomatik im Bereich der Augen können rezidivierende Infektionen und Zerstörungen der Hornhaut sein.
Eine Entzündung im Bereich der Articulatio cricoarytenoidea führt zu episodenhaften Larynxschmerzen, Dysphonie und gelegentlichen Schmerzen beim Schlucken, wobei die Klinik ein Punctum maximum morgens zeigt. Nur selten kommt es zu einer Larynxobstruktion im Rahmen dieser Symptomatik.
In Autopsiestudien konnte in der Mehrzahl der Patienten mit chronischer Polyarthritis histologisch der Nachweis einer interstitiellen Lungenerkrankung erfolgen, die aber nur selten klinisch relevant ist. Radiologisch findet man entweder eine interstitielle Lungenfibrose mit einer Bevorzugung der basalen Anteile, oder aber eine Bronchitis obliterans. Solitäre oder multiple Knötchen im Sinne von Rheumaknötchen können ebenfalls gefunden werden.
Auch eine zumeist asymptomatische Perikarditis findet sich häufig. Klinisch klagen die Patienten über Schmerzen oder Palpitationen. Auch Klappendysfunktionen sowie embolische Ereignisse können auftreten.
Eine Nierenbeteiligung findet sich nur in Ausnahmefällen, hingegen kann eine NSAR-Therapie zu einer interstitiellen Nephritis führen.
Von Seiten des Nervensystems kann mitunter eine Myelopathie der HWS durch Instabilität in Höhe C1/C2 oder auch im Bereich C4-C6 angetroffen werden. Die Symptomatik besteht in einer langsamen - über Wochen bis Monate sich entwickelnden - bilateralen sensorischen Parästhesie der Hände, sowie einer motorischen Schwäche, vor allem bei Patienten mit lange bestehender, destruktiver RA. In der physikalischen Untersuchung auffallend sind pathologische Babinski- und Hoffmannreflexe sowie hyperaktive Sehnenreflexe. Ein weiteres neurologisches Charakteristikum ist das Auftreten von Engpasssyndromen, insbesondere eines Karpaltunnelsyndroms, bedingt durch die bestehende Tenosynovitis mit Einengung des N. medianus im Bereich des Karpaltunnels. Auch andere Nervenengpasssyndrome werden gefunden. Im Rahmen einer rheumatoiden Vaskulitis kann es zum Auftreten einer Mononeuritis multiplex kommen, die durch den plötzlichen Beginn einer persistierenden, peripheren Neuropathie, unabhängig von der entzündlichen Aktivität, charakterisiert wird.

Bei Patienten mit einer RA spiegelt sich die Krankheitsaktivität gut in serologischen Entzündungszeichen (sog. Akute-Phase-Reaktion) wider. Neben der BSG ist hierfür vor allem das CRP geeignet. Ein Fehlen solcher unspezifischer Entzündungszeichen macht eine RA unwahrscheinlich. Es sollte aber bei Persistenz der klinischen Symptome eine Vorstellung beim Rheumatologen zur ‹berprüfung der Diagnose nicht unterbleiben. Auf der anderen Seite muss betont werden, dass eine Erhöhung der BSG und des CRP sehr unspezifisch und somit keinesfalls beweisend für das Vorliegen einer RA sind. Spezifische Labortests, welche die Diagnose einer RA erhärten, sind IgM- und IgA-Rheumafaktoren, welche bei ca. 65-80% der RA-Patienten, aber auch bei anderen rheumatischen Erkrankungen positiv sein können.
Spezifität IgM-RF-ELISA ca. 80%, Sensitivität ca. 70%, sehr viel schlechtere Werte hinsichtlich der Sensitivität weist der weitverbreitete automatisierbare Latex-Test auf.
Anti-Citrullin-Ak (Antikörper gegen citrullinierte Peptide, ACPA, CCP) sind zwar in bisherigen Untersuchungen etwas weniger sensitiv (ca. 50%) für die RA, aber dafür hochspezifisch und somit geeignet zur Diagnose früher und seronegativer Verlaufsformen der RA. Bei SLE können 10% der Patientinnen CCP-Ak aufweisen. Die Bestimmung anderer Auto-Ak (z.B. ANA) dient vor allem dem Nachweis oder Ausschluss anderer, klinisch manchmal ähnlich verlaufender rheumatischer Erkrankungen (z.B. Kollagenosen).
Die nativ radiologische Untersuchung, insbesondere von Händen und Füßen, ist essenzieller Bestandteil der Primärdiagnostik der RA. Das Vorliegen multipler erosiver Gelenkveränderungen ist beweisend und typisch für die fortgeschrittene RA, aber kein Zeichen der frühen Phase. Die Projektionsradiographie sollte nach standardisierten Regeln durchgeführt werden. Auch eine aggressiv erosiv verlaufende RA benötigt für die Ausbildung röntgenologisch fassbarer Erosionen 6-24 Monate. Das Fehlen entsprechender Röntgenveränderungen schließt also das Vorliegen einer frühen RA keinesfalls aus. Andere Methoden der Bildgebung wie Szintigraphie, Sonographie und Kernspintomographie erlauben zum Teil eine frühere Sicherung struktureller Gelenkveränderungen oder die bessere Darstellung von Knochenveränderungen und Gelenkergüssen.

Zum Nachweis eines suspizierten Karpaltunnelsyndroms kommt die Elektroneurographie zum Einsatz.

Eine regelmäßige Erfassung und Dokumentation der Krankheitsaktivität und ihres Verlaufes sind entscheidend für die Beurteilung, den Vergleich und die Qualitätssicherung der Therapie der RA.


Diese Erfassung sollte ca. alle 3 Monate erfolgen. Als Standardinstrument hat sich in der Praxis der Clinical Disease Activity Score (CDAI) bewährt, in den verschiedene Parameter der Krankheitsaktivität eingehen. Werte <2,8 reflektieren eine Remission, also das Erreichen des erträumten Ziels, Werte unter 10 bedeuten niedrige Aktivität und sind anzustreben. Höhere Werte bedeuten eine nicht ausreichende Kontrolle der Krankheitsaktivität; eine ƒnderung der Therapie sollte erfolgen.


Zudem existieren eine Reihe von weiteren Rechengrössen (Scores) zur Erfassung der Krankheitsaktivität,


wie etwa der DAS28, der GAS, RADAI etc (Bentley & Reed 2008;Harrington 2009;Machold et al. 2006;Rintelen et al. 2009;Tugwell, Idzerda, & Wells 2008). Die Dokumentation des Krankheitsverlaufs verlangt die Anwendung dieser Werte ebenso wie die Verwendung von Lebensqualitätsmessungen (z.B. im SF-36 Score oder im EQ-5)und die Erhebung der Funktionsqualität (z.B. im Health Assessment Questionnaire, HAQ).

Eine sorgfältige Anamnese ist die Voraussetzung einer gezielten Untersuchung und Beurteilung. Sie soll erfassen, ob das Problem lokalisiert oder generell, symmetrisch oder asymmetrisch ist; ob es ein akutes oder schon länger bestehendes, chronisches Problem ist; und ob die Beschwerden fortschreitend sind. Des Weiteren ergeben sich aus der Anamnese Hinweise auf einen mechanischen Schaden an den muskuloskeletalen Strukturen oder Hinweise für einen Entzündungsprozess. Die Frage nach Hinweisen für eine systemische Erkrankung oder auch für extraartikuläre Manifestationen ist für den Internisten von großer Bedeutung. Ebenso sollte eine funktionelle Beeinträchtigung oder Behinderung erfasst werden, wie Befallsmuster und Schmerzverteilung. Regionale Schmerzsyndrome betreffen typischerweise ein einzelnes Gelenk eine periartikuläre Struktur oder eine Extremität (konservative Orthopäden sprechen von einer Bewegungskette).
Das Befallsmuster ist meist typisch und charakteristisch mit einem Befall der Handgelenke und der proximalen kleinen Gelenke der Hand und der Füße. Auch die Symmetrie der Gelenksentzündungen sind ein Charakteristikum der RA - im Vergleich zu den Spondylarthropathien, wo sich häufig eine asymmetrische Oligo- oder Polyarthritis findet - mit häufiger Beteiligung der Sprunggelenke und der distalen Fingergelenke.

Wichtig ist der Ausschluss von viralen Infekten, die zu einer Polyarthritis führen können. Dies sind insbesondere Parvovirus-B19, Hepatitisviren A, B und C, EBV und CMV. Auch im Rahmen von Neoplasien kann es zum Auftreten von Polyarthritiden kommen. Charakteristisch für all diese Differentialdiagnosen ist der nicht-erosive Verlauf.
Die weiteren Differentialdiagnosen inkludieren sämtliche Kollagenosen, insbesondere den Systemischen Lupus erythematodes - auch hier finden sich keine Erosionen.
Bei mon- und oligoartikulären Verläufen muss auch an die Möglichkeit des Vorliegens einer Spondylarthropathie, insbesondere einer Arthritis psoriatica sine psoriase, gedacht werden. Hier liefern die radiologischen Untersuchungen die letztendlich beweisenden Charakteristika, wobei für die Spondylarthropathien das Nebeneinander von Destruktion und Knochenanbau charakteristisch ist.
Auch das zeitliche Muster der Beschwerden kann hilfreich sein: Bei der chronischen Polyarthritis ist ein subakuter Beginn über Wochen und Monate sehr häufig, während z.B. bei der Gicht die Beschwerden innerhalb weniger Stunden ein Maximum erreichen.

Entzündungszeichen sind ein wesentlicher Punkt. Ganz typisch ist die Schwellung des Gelenkes im Rahmen der Synovitits. Neben der Schwellung besteht auch ein Ruheschmerz. Hingegen sind der Arthrose-bedingten Schmerzen eher Anlaufschmerzen bei Beginn der Belastung mit Besserung unter fortlaufender Bewegung. Ein Hinweis auf entzündliche Erkrankungen ist die Steifigkeit der Gelenke, die besonders deutlich in den frühen Morgenstunden ist und hinsichtlich ihrer Dauer mindestens eine Stunde betragen muss.
Systemische Krankheitszeichen beinhalten Müdigkeit, Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit und subfebrile Temperaturen. Im Falle der Kollagenosen ist es notwendig, eine komplette Berücksichtigung aller Organsysteme zu erfragen: das können Hautveränderungen, Photosensitivität ,Raynaudphänomen, orale Ulcera sowie trockene Augen und Mundschleimhäute sein.

Die Beurteilung der funktionellen Fähigkeiten eines Patienten sollte folgendes umfassen: Aktivitätsspektrum in Freizeit und Beruf, Körperpflege und soziale Aktivitäten. Dazu wird - vor allem für wissenschaftliche Zwecke - der HAQ-Fragebogen (health assessment questionnaire) verwendet.

Die körperliche Untersuchung durch den Rheumatologen berücksichtigt die Gelenke, die Muskulatur, das knöcherne Skelett in direkter Untersuchung, während die Wirbelsäulengelenke und die Hüftgelenke sind oft nur indirekt zu untersuchen sind. Kardinalzeichen der Gelenksentzündung sind Druckschmerzhaftigkeit, Bewegungsschmerz und Gelenksschwellung oder Erguss. Eine Rötung der entzündeten Gelenke findet sich nicht regelmäßig. Das Ausmaß der Gelenksbeweglichkeit betroffener Gelenke wird erfasst und nach der Neutral-Null-Methode angegeben. Auch Deformitäten einzelner Gelenke müssen erfasst und dokumentiert werden. Ein wesentlicher Teil der Untersuchung betrifft die Bänder, Sehnen, Menisci und die Muskulatur. Atrophie und Schwäche der periartikulären Muskulatur liefern wichtige Hinweise für eine chronische Arthritis.

Eine rasche und orientierende Untersuchung des muskuloskelettalen Systems ist nach dem GALS-System möglich (Gait, Arms, Leg and Spine).
Radiologische Klassifikation der RA nach Steinbrocker:

• I = (Früh), Nachweis einer gelenksnahen Osteoporose - sonst unauffälliges Röntgen der Hände und Vorfüße

• II = (moderat), gelenksnahe Osteoporose, Zerstörung des Gelenksknorpels im Sinne von Erosionen und Usuren

• III = (schwer), Knochen- und Knorpelzerstörung, Gelenksdeformierungen mit Subluxation, ulnarer Deviation oder Hyperextension - ohne dem Vorliegen einer Ankylose

• IV = (Endstadium), knöcherne Ankylose


Kriterien für die klinische Remission bei RA:

5 oder mehr der folgenden Kriterien müssen über eine Dauer von mindestens 2 Monaten erfüllt sein:

1) Dauer der Morgensteifigkeit max. 15 Minuten
2) Keine abnorme Müdigkeit
3) Keine Gelenksschmerzen
4) Keine druckschmerzhaften oder bewegungsschmerzhaften Gelenke
5) Keine Gelenksschwellungen oder Schwellungen der Sehnenscheiden
6) BSG unter 30 mm in der ersten Stunde für Frauen bzw. 20 mm in der ersten Stunde für Männer


Funktionelle ACR-Kriterien für RA:

I) Patient ist in der Lage, alle Aktivitäten des täglichen Lebens selbst durchzuführen
II) Patient kann die täglichen Aktivitäten alleine durchführen, zeigt aber Einschränkungen bei Freizeittätigkeiten
III) Patient kann sich selbst versorgen, ist aber in den übrigen Belangen eingeschränkt
IV) Patient ist bereits in der Selbstversorgung eingeschränkt


Disease activity Score (DAS28):

Der DAS ist eine Rechenformel zur Messung der Krankheitsaktivität bei rheumatoider Arthritis. Dieser Index gibt an, wie aktiv die rheumatoide Arthritis bei einem jeweiligen Patienten ist. Der DAS kann auch zum Krankheitsmonitoring im Verlauf und zur Beurteilung der Wirksamkeit der Therapie verwendet werden und errechnet sich aus der Zahl der druckschmerzhaften und geschwollenen Gelenke, der Morgensteifigkeitsdauer, dem Schmerzausmass und Entzündungswerten im Labor.

Die Formel ist kompliziert (0,56 √ (TJC) + 0,28 √ (SSC) + 0,7 √ (BSG) + 0,014 √ VAS) , kann aber mit speziellen Taschenrechnern oder kleinen Programmen oder auch online im Web bequem genützt werden (z.B. www.planar.org/at/DAS_Calculators.xls). Die österreichische Alternative zum holländischen DAS28 beruht ebenfalls auf der Berücksichtigung der 28 Gelenke ohne die Füße. Für den CDAI (Clinical Disease Activity Index) addiert man die Anzahl der geschwollenen Gelenke (max. 28), der druckschmerzhaften Gelenke (max. 28) und die cm-Werte einer 10-cm-Skala für die Einschätzung der Krankheitsaktivität durch Arzt und Patient. Der Höchstwert ist somit 76, als Remission gilt der Wert ≤2,8.


ACR-Response-Kriterien:

Die in den USA üblichen ACR-Response-Kriterien bewerten, ob es durch die Therapie zu einer Besserung von vordefinierten Symptomen wie Gelenkschmerz, Gelenkschwellung oder Funktionsbeeinträchtigung gekommen ist. Eine mindestens 20%-Verbesserung entspricht einer ACR20-Response, eine mindestens 50%-Verbesserung einer ACR50-Response, eine mindestens 70%-Verbesserung einer ACR70-Response.

Von den Patienten mit einer frühen RA profitiert etwa jeder Zweite bezüglich Funktion und radiologischer Progression von einem Beginn der Therapie in den ersten 6 Monaten. Die dafür in Kauf zu nehmende Toxizität ist hinsichtlich unerwünschter Wirkungen vergleichbar zum Einsatz von nur symptomatisch wirkenden Medikamenten.
 
Antirheumatika - DMARDs

Unter DMARDs (Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs, sog. Basistherapeutika) wird eine Gruppe von Medikamenten gefasst, die über symptomatische Effekte hinaus krankheitsmodifizierende Eigenschaften besitzt. DMARDs sollen einer Gelenkzerstörung vorbeugen bzw. diese verzögern und somit die Funktionsfähigkeit der Gelenke erhalten. Im Gegensatz zu einer symptomatischen Therapie soll eine Beeinflussung des Krankheitsverlaufes erzielt werden. Die Wirkung nahezu aller zur Verfügung stehender Substanzen tritt verzögert ein, der Zeitraum bis zum Wirkeintritt beträgt 4-16 Wochen.
Die vorliegenden randomisierten Studien zeigen, dass man mit Methotrexat, Sulfasalazin, dem fast schon obsoleten parenteralen Gold, aber auch mit dem schwächeren Chloroquin und Cyclosporin eine Response erzielen kann. Bei späteren Stadien der RA ist Leflunomid dem Methotrexat ebenbürtig. Bei MTX-Gabe verringert Folsäure (5mg/Woche) die Häufigkeit von Leberwerterhöhungen unter MTX und senkt damit die Rate an Therapieabbrüchen.
Die häufigen unerwünschten Wirkungen sowie die Anforderungen an die Therapieüberwachung sind den Therapieüberwachungsempfehlungen zu entnehmen. Zur Information der Patienten über den möglichen Nutzen, die möglichen Gefahren und die notwendigen Überwachungsmaßnahmen stehen für alle Substanzklassen entsprechende Patienteninformationsbögen zur Verfügung (siehe Homepage der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie).

Es gibt Hinweise darauf, dass ein möglichst frühzeitiger Einsatz von DMARDs die Prognose der RA günstig beeinflusst. Patienten im frühen Stadium der RA sprechen besser auf die Therapie an. Ein längerer Krankheitsverlauf vor Beginn der ersten Therapie hat zwar keinen Einfluss auf die erzielte Symptomreduktion oder auf die Akute-Phase-Antwort, aber einen negativen Effekt auf den Funktionsstatus. Dieser Effekt lässt sich über einen Zeitraum von 5 Jahren nachweisen. Zur kontinuierlichen Unterdrückung der Krankheitsaktivität soll die Therapie mit DMARDs dauerhaft fortgesetzt werden.

Detaillierte Empfehlungen über die Auswahl und Abfolge der DMARDs wurden von der amerikanischen Rheumagesellschaft ACR erarbeitet (Saag et al. 2008). Dabei wird die Krankheitsdauer und die Krankheitsaktivität berücksichtigt, es werden Leflunomid, Methorexat, Sulfasalazin einzeln oder in Kombinationen literaturmässig bewertet.

Auch die Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie gibt Leitlinien zur Verwendung von DMARDs beziehungsweise von Biologicals heraus.

Um eine Bevorzugung einzelner Substanzen zu vermeiden entnehmen Sie die diese bitte den Therapieregimen im Pocketguide der ÖGR

Glucocorticoide
 
Die zusätzliche Gabe einer niedrig dosierten Glucocorticoidtherapie ist geeignet, die Krankheitsaktivität bis zum Erreichen der Wirkung der Basistherapie zu unterdrücken. Die prophylaktische Gabe von Kalzium und Vitamin D ist bei Neubeginn einer Steroidtherapie empfehlenswert. Auch in der Langzeitbetreuung und bei (noch immer vorkommenden) späteren Krankheitsstadien sind Glucocorticoide bei Krankheitsschüben segensreich. Beim gezielten, achtsamen Einsatz sind auch die von einer zu hochdosierten, zu langen und zu unkritischen Verwendung in der Vergangenheit bekannten Nebenwirkungen keine rationale Begründung für die weitverbreitete Angst vor "Kortison".

Intraartikuläre Kortisoninjektionen

Ermöglichen die lokale Therapie einzelner entzündeter Gelenke bei minimalen unerwünschten systemischen Effekten und können eine symptomatische Besserung während der Latenzzeit von DMARDs bewirken. Sie eignen sich zur Therapie besonders befallener einzelner Gelenke, wenn die Krankheitsaktivität insgesamt gut unter Kontrolle ist. Sie können zur Therapie von Mon-/Oligoarthritiden herangezogen werden, wenn eine Therapie mit DMARDs nicht angemessen erscheint.

Symptomatische medikamentöse Schmerztherapie:

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)

Die Behandlung mit rein symptomatisch wirkenden Schmerzmitteln wie den Prostaglandinsynthetasehemmern (NSAR) kann und darf die Anwendung einer immunologisch nachhaltig wirkenden Dauertherapie mit DMARDs nicht ersetzen oder verzögern. Es gibt allerdings Belege für eine gute Wirksamkeit der NSAR auf die Gelenkschmerzen der RA. Sie verringern auch die Gelenksteife und verbessern die Mobilität, ohne das Krankheitsgeschehen anhaltend und langfristig zu beeinflussen. Die Entscheidung für ein Präparat mit kurzer, mittlerer oder langer Halbwertszeit sollte den Bedürfnissen des Patienten entsprechend gefällt werden und sich am Nebenwirkungsprofil der einzelnen Substanzen orientieren.


Die Nebenwirkungen können ein wesentlicher limitierender Faktor einer Therapie mit NSAR sein. Die unerwünschten Arzneimittelreaktionen sind bestimmt durch die Dosis, die Halbwertszeit der einzelnen Substanzen, die Therapiedauer und durch bestimmte Risikofaktoren seitens der Patienten. Häufige Nebenwirkungen, insbesondere bei älteren Patienten, sind gastrointestinale Nebenwirkungen, Flüssigkeitsretention und Hypertonie. Eine vorbestehende Herzinsuffizienz kann sich durch Medikation mit NSAR verschlechtern

Weitere seltene, aber potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen sind: Nierenfunktionsstörungen und Hypersensitivitätssyndrome inkl. Asthma. Seltene und überwiegend nicht bedrohliche unerwünschte Effekte sind: Kopfschmerz, Schwindel, Benommenheit, Tinnitus, Exantheme und erhöhte Leberwerte (insbesondere unter Diclofenac).
 
Ulkusprophylaxe
Das Auftreten von Ulkuskomplikationen korreliert schlecht mit vorher bestehenden gastrointestinalen Beschwerden. Zur Ulkusprophylaxe stehen Misoprostol, Protonenpumpenhemmer und hochdosierte H2-Rezeptorenblocker zur Verfügung.
Misoprostol in einer Dosierung von 800µg täglich senkt effektiv die Rate an Ulkuskomplikationen. Diese Dosierung ist schlecht verträglich, die Compliance gering. Niedrigere Dosen sind besser verträglich, aber weniger effektiv; von ihrem Einsatz ist abzuraten.

Standard-Dosierungen von H2- Blockern sind nicht wirksam zur Vermeidung von NSAR-induzierten Magenulzera. Protonenpumpenhemmer in Standard-Dosierung und H2-Blocker in doppelter Dosierung verhindern endoskopisch nachgewiesene Magen- und Darmulzera. Die Besiedelung mit Helicobacter pylori ist auf jeden Fall zu eradizieren.

Celecoxib
Die Wirksamkeit dieses selektiven COX-2-Hemmers in der Therapie von Patienten mit RA ist mit der von Diclofenac (2x75mg täglich) und von Naproxen (2x500mg täglich) vergleichbar. Dies gilt für unterschiedliche Dosen von Celecoxib (200-400mg täglich). Hinsichtlich der geringeren Rate gastroduodenaler Komplikationen ließ sich ein signifikanter Vorteil zugunsten von Celecoxib zumindest für die ersten 6 Monate nachweisen. Zusammen mit einem PPI ergab sich besonders bei asiatischen Populationen ein gastrointestinaler Vorteil.

Die niedrigste noch wirksame NSAR-Dosis sollte gewählt werden. NSAR sollten reduziert oder ganz abgesetzt werden, wenn ein gutes Ansprechen auf die DMARDs vorliegt. Es sollte immer nur eine Substanz aus der Gruppe der NSAR zur gleichen Zeit verschrieben werden. Patienten mit Risikofaktoren sollten eine Ulkusprophylaxe erhalten. Bei Patienten mit mehreren Risikofaktoren für Nebenwirkungen sollte die Notwendigkeit einer Therapie mit NSAR besonders sorgfältig überprüft werden.


Nicht medikamentöse Maßnahmen

Krankengymnastik ist ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung eines Patienten mit früher RA. Kälteapplikation zeigt eine gute lokale symptomatische Wirkung für akut entzündete Gelenke.
Entsprechend seiner individuellen Belastbarkeit sollte jede Motivation des Patienten zu sportlicher Betätigung unterstützt werden.
Allen Patienten mit einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit sollte eine qualifizierte ergotherapeutische Beratung angeboten werden.
In der Betreuung der Patienten mit RA spielt die Ernährungsberatung deshalb eine Rolle, da Fragen zur Ernährung zu den von den Patienten am häufigsten gestellten Fragen überhaupt gehören. Insbesondere Patienten, bei denen tragende Gelenke betroffen sind, profitieren von einer Gewichtsreduktion.
Aus allgemein gesundheitlichen Gründen sollte ein adäquater BMI aufrechterhalten werden. Nur wenige Studien untersuchten den Effekt einer Diät-Therapie (inkl. Fastenkur) auf die Krankheitsaktivität bei RA, Langzeiteffekte sind bisher nicht nachgewiesen. Die Evidenz hinsichtlich empfehlenswerter Nahrungsmittelauswahl sowie von Nahrungsergänzungsmitteln hat oft anekdotischen und widersprüchlichen Charakter.

Rheumafaktoren (RF) sind Autoantikörper die gegen die Fc-Teile von Immunglobulinmolekülen gerichtet sind. Rheumafaktoren finden sich bei ca. 3% von offensichtlich gesunden Personen sowie bei der Mehrzahl der Patienten mit rheumatoider Arthritis. Rheumafaktoren sind assoziiert mit einem hohen Risiko für einen erosiven Verlauf sowie für das Auftreten einer Vaskulitis im Zusammenhang mit der chronischen Polyarthritis.
Weitere klinisch relevante Auto-AK bei RA sind die anti-CCP-Antikörper.

Der initiierende pathologische Vorgang bei der RA könnte eine Aktivierung und/oder Verletzung der synovialen Endothelzellen sein. Die synovialen Endothelzellen schwellen an, und es kommt zum Auftreten von Zwischenräumen zwischen diesen Zellen. Die Blutgefäße sind typischerweise mit Leukozyten und Fibrinthrombi verschlossen, und man findet ein ÷dem auch im subsynovialen Gewebe und einen Erguss in der Gelenkshöhle. Man findet eine Vermehrung von aktivierten superfiziellen Synovialzellen. In weiterer Folge kommt es zur Einwanderung von polymorphnukleären Leukozyten, und diese sind auch der hauptsächliche Zelltyp in den Gelenksergüssen. Mononukleäre Zellen findet man initial um die Gefäße sowie in den tieferen Synovialgewebsschichten.
Gelegentlich kommt es durch die genannten Veränderungen zu schweren microvaskulären Veränderungen mit in der Folge Gewebsischämie und Infarzierungen.

Mit zunehmender Chronifizierung der Erkrankung kommt es zu einer massiven Hypertrophie und zum Ausbilden eines ÷dems des Synoviums sowie zum Auftreten von synovialer Villi, die in die Gelenkshöhle hineinragen. Die oberflächliche, synoviale Zellschicht steigt auf 5-10 Zelllagen an. Man findet vornehmlich Makrophagen-ähnliche Zellen sowie geringe Mengen an den proliferierenden Fibroblasten-ähnlichen Synoviozyten. Die subendotheliale Zellschicht ist infiltriert mit nodulären Anhäufungen von mononukleären Zellen, vornehmlich um Blutgefäße. Der hauptsächliche Zelltyp sind CD-4-positive T-Lymphozyten sowie Plasmazellen.

Der synoviale Entzündungsprozess ist begleitet von einer massiven tumorähnlichen Proliferation und Aktivierung von Bindegewebe (Pannus). Die abnormalen Zellen invadieren und zerstören aktiv den periartikulären Knochen und Knorpel an der Knorpel-Knochen-Grenze. Mit Fortschreiten der Erkrankung kommt es zum Auftreten von Erosionen und zu einer progressiven Zerstörung des periartikulären Knochens und Knorpels. Subchondraler Knochen geht zunehmend verloren - als Folge der erhöhten Osteoklastenaktivität - mit in der Folge auftretenden, anhaltenden Schmerzen, progressiver Deformierung und Behinderung.

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